Stadt und Region umsteigefrei zu verbinden – das ist die gemeinsame Vision aller Beteiligten am „Chemnitzer Modell“: Der Fahrgast steigt in Burgstädt oder Mittweida, in Stollberg oder Thalheim in eine moderne, komfortable Stadt-Umland-Bahn, die ihn direkt bis in die Innenstadt von Chemnitz bringt.
Zusammen mit den bestehenden Nahverkehrsangeboten werden diese neuen Verbindungen zu einem komplexen System verknüpft. Busse bringen die Fahrgäste von kleineren Haltestellen zu den Haltepunkten der Stadt-Umland-Bahn, die sie durch eine optimale Taktung ohne Zeitverlust und ohne weite Wege erreichen.
Stadt und Region wachsen damit enger zusammen. Aus dem Oberzentrum Chemnitz und seiner reizvollen Umgebung wird ein Lebensraum, der durch verbesserte Verkehrsanbindungen die unterschiedlichen Lebensqualitäten von Stadt und Land vereint. Die historisch gewachsene Verwurzelung der Stadt Chemnitz mit ihrer Region wird damit neu belebt.
In der Region leben und unkompliziert in die Stadt zum Arbeiten und Einkaufen pendeln – oder in der Stadt leben und auf einfachem Wege die Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten der Region erreichen – das sind Vorteile des Lebensraums Mittelsachsen, die durch das Chemnitzer Modell in einzigartiger Weise zum Tragen kommen werden.
Erste Ideen einer Verknüpfung von Straßenbahn und Eisenbahn im Jahre 1992, in Anlehnung an das bereits bestehende Karlsruher Modell, wurden im Jahre 1995 in einer durch das Sächsische Ministerium für Wirtschaft und Arbeit (SMWA) beauftragten Machbarkeitsstudie positiv untersetzt und erreichten mit der Inbetriebnahme der Pilotstrecke Chemnitz – Stollberg am 15.12.2002 ihren ersten Höhepunkt.
Um die regionalen Entwicklungsperspektiven einer umsteigefreien Verbindung von Stadt und Region zu demonstrieren und so der ganzen Vision Dynamik zu verleihen, entschieden sich die Verantwortlichen des Chemnitzer Modells dafür, zunächst eine Pilotstrecke umzusetzen. Sie sollte die Machbarkeit und Praxistauglichkeit des systemverbindenden Ansatzes unter Beweis stellen.
Die Wahl fiel auf die Relation Chemnitz Hbf – Chemnitz Zentralhaltestelle – Altchemnitz – Stollberg.
Die Strecke ist 23 Kilometer lang und besteht aus drei Abschnitten:
Die Gleise des ersten Teils beginnen am Hauptbahnhof, erschließen die Innenstadt mit ihren kulturellen Einrichtungen, der Technischen Universität, städtischen und regionalen Ämtern und Einkaufsmöglichkeiten. An der Zentralhaltestelle wird die Trasse über kurze und bequeme Umsteigewege mit allen Bus- und Straßenbahnlinien des Stadt- und Regionalverkehrs verknüpft. In Richtung Süden schließt sich die Strecke auf der Annaberger Straße bis nach Altchemnitz an.
Dort fahren die Variobahnen über die Verknüpfungsstelle vom zweigleisigen Straßenbahnnetz auf das eingleisige Eisenbahnnetz. Notwendig war eine Weiche zur Herstellung der Gleisverbindung Straßenbahn – Eisenbahn. Dabei kommen zwei Welten zusammen: zum einen die Straßenbahn mit leichten Triebwagen, engen Gleisradien in Straßenzügen, Fahren auf Sicht und Halten an normalen Verkehrsampeln, zum anderen die Eisenbahn mit schweren Zügen, großen Gleisradien, der Unabhängigkeit vom übrigen Verkehr und Fahren nach Signalen.
Verbunden wird auch die neu errichtete Fahrleitung über dem Eisenbahnabschnitt mit der Fahrleitung der Straßenbahn. Die Neue hat eine Spannungsebene von 750 V DC, das Stromnetz der CVAG ist mit 600 V DC gespeist.
In Altchemnitz entstand außerdem ein komfortabler und funktionaler Verkehrsknoten mit Umsteigemöglichkeiten zu allen hier verkehrenden Linien mit Bahnsteigen für eine Tür-an-Tür-Lösung von Bus zu Bahn.
Der dritte Abschnitt der Pilotstrecke ist die Eisenbahntrasse Altchemnitz – Stollberg. Dieser Teil ist eingleisig, und Züge können sich nur an den Kreuzungsbahnhöfen in Neukirchen-Klaffenbach und in Pfaffenhain (Neubau) begegnen. In den eingleisigen Abschnitten und den Bahnhöfen wird moderne Sicherungstechnik (ESTW – Stellwerk) mit automatischer Gleisfreimeldung und punktförmiger Zugbeeinflussung verwendet.
Die höhere Streckengeschwindigkeit und die dichte Zugfolge gegenüber früher erforderten die Modernisierung, Erweiterung und Neuanlage technisch gesicherter Bahnübergänge.
Fahrdienstleiter überwachen und steuern die gesamte Strecke mit allen technischen Einrichtungen vom elektronischen Stellwerk in Stollberg aus.
Sonderlösungen im Oberbau, wie der Einbau beweglicher Herzstückspitzen und erhöhter Radlenker in Weichen und bei Frost beheizter Schienenrillen in Bahnübergängen dienen einer sicheren Betriebsabwicklung. Sechs Gleichrichterunterwerke entlang der Trasse speisen die Fahrleitung.
Vier neue Stationen kamen hinzu: im Stadtgebiet Chemnitz die Haltepunkte Riemenschneiderstraße und Klaffenbach, in Stollberg der Haltepunkt Schlachthofstraße sowie nachträglich im Jahr 2006 der Haltepunkt Chemnitz Friedrichstraße. Alle Stationen entstanden nach modernen Gesichtspunkten. Dazu zählen eine Bahnsteighöhe von 20 cm zum niveaugleichen Ein- und Ausstieg, Fahrgastunterstände mit Informationsanlagen, dynamische Fahrgastinformation, Parkmöglichkeiten für Fahrräder und PKW und verbesserte Umsteigebeziehungen zu den regionalen Buslinien.
Im Bahnhof Stollberg beginnt und endet auch die Kursbuchstrecke 523 Stollberg – Lichtenstein – Glauchau. Deshalb verfügt der Bahnhof über mehrere Bahnsteige. Den Übergang auf die Buslinien gewährleistet der Busbahnhof in unmittelbarer Nachbarschaft des Endpunktes der Pilotstrecke.
Früher endeten die meisten regionalen Eisenbahnstrecken im Chemnitzer Hauptbahnhof. Historisch bedingt liegt dieser in Chemnitz etwas außerhalb der Innenstadt. Mit der Pilotstrecke Chemnitz – Stollberg wurde erstmals auch das Chemnitzer Stradtzentrum bedient.
Mit der nächsten Ausbaustufe des Chemnitzer Modells können die Fahrgäste direkt das pulsierende Herz von Chemnitz auch aus Richtung Norden erreichen. Dazu wurde die Eisanbahninfrastruktur der DB Netz AG im Hauptbahnhof mit dem Netz der CVAG verbunden und die Regionalbahnen über diese Verknüpfung bis in die Chemnitzer Innenstadt geführt. So kommen die Vorteile einer verbesserten Anbindung von Stadt und Region voll zum Tragen.
Herkömmliche Straßenbahnen und die neuen Stadt-Umland-Bahnen halten direkt in der Bahnhofshalle und erreichen von dort entweder das Straßenbahnnetz oder das Eisenbahnnetz. Das verbessert nicht nur die Anbindung von Stadt und Umland, sondern schafft auch bessere Übergangsmöglichkeiten zwischen den Linien des Chemnitzer Modells, dem Regionalverkehr, dem städtischen Nahverkehr und vielleicht auch wieder dem Fernverkehr der DB. Denn die Bahnsteige befinden sich direkt neben denen der DB.
Der gewählte Einsatz von Variobahnen mit Gleichstromantrieb und die damit notwendig Elektrifizierung der Strecken ist nicht auf allen für das Chemnitzer Modell vorgesehenen Strecken möglich. Auf einigen der vorgesehenen Strecken steht ein gemeinsamer Betrieb mit Vollbahn-Fahrzeugen auf der Tagesordnung. Damit ergeben sich erweiterte Restriktionen. Die Bahnsteige werden 38 cm oder höher, die Fahrleitung, sofern vorhanden, hat 15 kV 16 2/3 Hz AC und die Fahrzeuge müssen schwereren Crash-Szenarien genügen.
Die Zweisystemfahrzeuge für das Chemnitzer Modell konnten am 14. August 2012 durch den Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) bestellt werden. Die ersten Fahrzeuge wurden 2015 geliefert.
Der Zuschlag wurde an das sich für diese Ausschreibung gebildete Konsortium der Firmen Vossloh Kiepe GmbH und Vossloh España S.A. (kurz: Vossloh) erteilt. Vossloh hat das wirtschaftlichste Angebot abgegeben, das den Anforderungen des ZVMS gerecht wird.
Der Bestellwert für die vorerst acht Fahrzeuge beläuft sich auf 42,3 Mio. Euro. Die Option für zwei weitere Fahrzeuge besteht. Die Finanzierung der Fahrzeuge ist nur möglich durch die Unterstützung des Freistaates Sachsen.
Das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) hat die Fahrzeugbeschaffung für das Chemnitzer Modell in das EFRE-Programm (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) eingeordnet. Der Städtische Nahverkehr wurde in das Operationelle Programm der EFRE-Förderung aufgenommen. Die Finanzierung durch den Freistaat ist so gesichert. Insgesamt werden mehr als 31 Mio. Euro an Fördermitteln aus dem EFRE-Programm zur Verfügung gestellt, der ZVMS trägt einen Anteil von fast 11 Mio. Euro.
Die bestellten Fahrzeuge gehören zur „Citylink Familie“ von Vossloh und wurden speziell auf die Anforderungen für den Einsatz im Chemnitzer Modell angepasst. Die Fahrzeuge sind auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h ausgelegt. Die 37 Meter langen klimatisierten Zweirichtungsfahrzeuge haben 94 Sitzplätze. Durch die Luftfederung gibt es einen besonders hohen Reisekomfort für die Fahrgäste. Die Einzelheiten der Ausstattung der Fahrzeuge wurden in der Pflichtenheftphase geklärt.
Am 10. Oktober 2016 fand die feierliche Inbetriebnahme der Stufe 1 des Chemnitzer Modells statt. Es besteht nun von den Städten Burgstädt, Mittweida und Hainichen ein umsteigefreies Verkehrsangebot über den Hauptbahnhof Chemnitz bis zur Zentralhaltestelle im 1-Stunden-Takt. Zwischen Burgstädt und Chemnitz verkehrt die Linie C13, die Linie C14 bringt die Fahrgäste von Mittweida nach Chemnitz und zurück. Die Linie C15 verbindet die Chemnitzer Innenstadt mit Hainichen.
Im Mai 2017 wurde die neue Haltestelle „Stadlerplatz“ feierlich in Betrieb genommen. Die Linien C13 und C14 des Chemnitzer Modells von und nach Burgstädt bzw. Mittweida verkehren nun jeweils im Stundentakt über die Zentralhaltestelle hinweg über die Reitbahn-, Bernsdorfer und Turnstraße bis zur Reichenhainer Straße, Höhe Lutherstraße. Die erste Abfahrt vom neuen Haltepunkt im Regelbetrieb erfolgte um 11:51 Uhr mit der Linie C13 in Richtung Burgstädt.
Ab Juni 2017 wurde hier ebenfalls die Linie C15 von bzw. nach Hainichen eingebunden.
Am 8. Dezember 2017 wurde die neue Straßenbahntrasse entlang der Reichenhainer Straße bis zum Technopark eröffnet. Die Citylink-Bahnen der Linien C13, C14 und C15 von und nach Burgstädt. Mittweida bzw. Hainichen werden somit bis zur Technischen Universität Chemnitz durchgebunden. Somit wurde ein weiteres Teilstück des Chemnitzer Modells – Stufe 2 eröffnet.
Am 29. Januar 2022 rollten die ersten Citylinks auf der ausgebauten, 47 Kilometer langen Bahnstrecke. Dafür wurden die Linie C13 (Burgstädt < > Chemnitz) bis Aue und die Linie C14 (Mittweida < > Chemnitz) bis Thalheim verlängert. Somit entsteht auf dem Streckenabschnitt Chemnitz < > Thalheim ein attraktiver 30-min-Takt. Der Abschnitt Thalheim < > Aue wird jede Stunde bedient.
Bau einer Straßenbahnstrecke zwischen Chemnitz Hauptbahnhof und Chemnitz-Hilbersdorf zur Erschließung des Einkaufszentrums Sachsen-Allee und der Wohngebiete Hilbersdorf und Ebersdorf, Weiterführung über das ehemalige Gütergleis bis Niederwiesa
Bau einer Straßenbahnstrecke vom Stadtzentrum Chemnitz über die Leipziger Straße bis zum Chemnitz-Center und Weiterführung auf der Eisenbahnstrecke bis Limbach-Oberfrohna
Verlängerung der Pilotstrecke Chemnitz – Stollberg über das Gewerbegebiet Stollberger Tor und Einbindung in die Strecke Stollberg – St.Egidien in Höhe Niederwürschnitz. Damit können durchgehende Züge ohne Fahrtrichtungswechsel von Chemnitz bis Oelsnitz geführt werden.